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Fotos: Carsten Scheibe / Susanne Scheibe
Text: Carsten Scheibe / Susanne Scheibe
Schottland geizt nicht mit Schönheiten
Nach fast 600 km bis Ijmuiden bei Amsterdam lassen wir uns auf der Hafenmole nieder, bevor sich die Klappe der Princess Seaways öffnet und wir in den warmen Bauch des Schiffes rollen, welches uns nach Schottland bringt.
Newcastle erreichen wir am nächsten Morgen und gerade wieder an Land will Susanne gleich rechts in einen Kreisel einfahren, aber im letzten Moment bekommt sie noch den Drive nach links und fährt entsprechend der englischen Strassenverkehrsordnung. Da war doch was, innerlich lachen wir und wissen das doch mit dem Linksfahrgebot.
Gleich weichen wir auf Singletracksroads aus und nehmen den Flair Britanniens auf. Überall auf den kleinen Straßen springen Lämmer ohne Vorwarnung durch die Gegend. Eine kurvige Berg- und Talfahrt, dann ein Schild mit der Aufschrift „Blind Summit“. Was ist das? Auf jeden Fall heißt es „Vorsicht vor dem was kommt“. Alles ist neu und unbekannt, aber beeindruckend.
Hinter dem See Kielder Water erreichen wir Deadwater und die schottischen Border. Endlich Schottland! Das Fahren durch die Rapsfelder ist ein Traum, aber leider sind Motorrad und Visier voller kleiner schwarzer Käfer. St. Abbs ist ein kleines Fischerdorf, links Vogelfelsen, rechts der kleiner Hafen mit den bunten Fischerbooten und am Hang die einzelnen Fischerhäuser. Ein Stück weiter in Dunbar auf der Belhaven Campsite schlagen wir unser Zelt auf. Auf unserem Rundgang durch Dunbar finden wir einen urigen Pub und geniessen die Stimmung.
Nieselwetter am Morgen, so erreichen wir Edinburgh. Im Hotel einchecken, abladen, umziehen und los! Die Princess Street und die Altstadt sind unser Ziel. Wir landen am Grasmarket im White Heart Inn und lassen uns Quiche und Haggis mit einem leckeren Brown Ale bei Live Musik schmecken.
Früh sind wir hoch, besorgen uns Tickets für den Hop On and Hop Off Bus und das Edinburgh Castle. Um 13 Uhr lassen wir uns das Spektakel mit dem Böllerschuss nicht entgehen. Er war damals der Zeitmesser der Seefahrer.
Endlich wieder auf den Motorrädern Richtung Highlands und zur beeindruckenden Forth Road Brigde. Besonders der Blick vom Ufer aus gefällt uns sehr. Wir überqueren den Firth of Forth weiter Richtung Perth, vorbei an kleinen Farmen nehmen wir Kleinstrassen. Vom Loch Millochh hat man eine wunderbare Aussicht auf die ersehnten Highlands. Im Deetal stärken wir uns mit Kaffee und Kuchen in einer kleinen verträumten Pottery , bevor es über einen kleinen Pass nach Spittal of Glenshee durch die Highlands geht. Am Balmore Castle sind wir leider zu spät für eine Besichtigung.
Am nächsten Morgen rollen wir über die Passhöhe der Old Military Road. Gerade oben überrascht uns heftiger Wind mit Regen. Ziel sind die Brutkolonien an der Steilküste bei Crawton. Die Straße ist eine Achterbahnfahrt, eine wahre Freude für den Magen. Nächstes Ziel ist Newburgh. Mittlerweile gießt es in Strömen – Scotish weather. Ein Notstopp in Aberdeen, wir beschliessen abzubrechen, denn die Regensachen halten den Wassermassen nicht mehr stand. Nördlich von Aberdeen finden wir im Pub von Portlethen ein nettes Zimmer direkt oberhalb der Steilküste.
Morgendliches Ziel ist eine Robbenkolonie am Flusses Ythan. Der Weg führt uns in Richtung der Flussmündung. Welch ein Anblick, ca. 200 Robben toben und aalen sich am Strand! Einige Zeit halten wir inne und geniessen das Spektakel auf der anderen Seite des Flusses.
Weiter geht es Richtung Dufftown, wir gleiten an Raps- und Getreidefeldern vorbei. Kurz hinter Inverurie auf kurvenreicher und von gelben Ginster gesäumter Straße erreichen wir den Easter Aquhorthies Stone Circle. Keiner stört uns in dieser mystischen Atmosphäre.
Das Navi wird wieder auf kürzeste Strecke eingestellt und schon brummen wir gen Alford über eine alte Steinbrücke ab ins Hochland.
Wir besichtigen die Brennerei Glenfiddich. Die Führung ist kostenlos, kurz und informativ. Bei der Whisky Verkostung hat es uns der 15 Jahre alte Whisky angetan. Im Giftshop packen wir uns eine kleine Flasche für den Abend ein.
Nahe des Campingplatzes Aberlour ist eine Fässerei. Bei lautstarker Musik fertigt Ian dort seine Whiskyfässer. Es ist spannend zuzuschauen, wie das alte Handwerk ausgeübt wird. Der ganze Platz schnüffelt nach alten Eichenholzfässern und irgendwie nach Angel’s share.
Wir fahren weiter Richtung Graingorm Nationalpark nach Grantown of Spey. Hier machen auch einige Motorradgruppen ihre Mittagspause.
In Inverness angekommen, besuchen wir eine alte Kiltschmiede. Wir stöbern durch die Hallen und bestaunen die vielen Kiltfarben der schottischen Clans,
besuchen den Victoria Market, eine alte Einkaufshalle in der Innenstadt. Das Wetter zeigt sich endlich wieder von seiner besten Seite.
Entlang des Loch Ness erreichen wir die alte Burgruine Urquhart, die über dem legendären Loch Ness herausragt.
Nessie sehen wir leider nicht, komisch ist doch, das jeder sich an diesem Gedanken erwischt.
Wir schlängeln uns durch die schöne Landschaft nach Dingwall, ein kleines Örtchen, wo man alles findet, so auch den Campingplatz am Cromarty Firth.
Unser nächstes Ziel ist Durness in den Nordwest Highlands. Gemütlich tuckern die Motoren, und wir schnurren Richtung Lairg. Über einen Pass geht es weiter nach Tongue. Die Straße führt durch‘s Hochland, ein Fluss windet sich entlang der Straße. Der Fahrtwind zerrt an uns. Zum Aufwärmen gönnen wir uns in Altnaharra eine Erbsensuppe mit Minze. Endlich sind wir am Atlantik. Die Landschaft ist atemberaubend. In Durness wählen wir den Campingplatz, auch wenn es kalt und stürmisch ist. Es ist nicht einfach, das Zelt aufzubauen. Zur Sicherheit spannen wir alle Abspannleinen. Nachts tobt der Wind, das Innenzelt fliegt mir 2 Mal ins Gesicht. Gefühlt ein Orkan.
Montag morgen ist der Spuk vorbei. In Ruhe wandern wir zum Smoo Cave, einer alten Höhle mit einem Wasserfall. Hier hausten im 11. und 12. Jahrhundert nach Christus die Wikinger, um ihre Schiffe zu reparieren.
Zurück zum Campingplatz, rein in die Motorradsachen und nach Kinlochbervie. Im Fischereihafen landen tagsüber die Fischerboote ihre Fänge an. Toll anzusehen, wie Hunderte von Fischkisten aus dem kleinen Rumpf eines Hochseekutters kommen.
Das nächste Ziel ist Kinloch und von dort aus in ein Seitental, das nach Lairg führt. An der Straße weiden Welsh-Ponys, rechts der Straße schlängelt sich ein Fluss, in dem Angler versuchen, Forellen oder Lachse zu fangen. Auf dem Rückweg stoppen wir an der kleinen Fähre, die zum Cap Wrath führt. Die Gezeiten bestimmen ihren Fahrplan.
Über dem Pass nach Durness fällt die Temperatur von 15°C auf 8°C und Durness liegt im Dunst.
Hinter Unapool biegen wir auf die angepriesene Coastline, Richtung Drumberg. Ein ständiges auf und ab, links und rechts, 25% Prozent Gefälle hinter einem Blind Summit. Schottland sorgt für faszinierenden Motorradspaß.
Kaffeestopp in einem malerisch gelegenen Café in Drumberg. Waltnut-Toffee Cake, dazu einen Earl Grey, und die Welt ist in Ordnung. Wir schlängeln uns bis Lochinver. Im Pub in Ullapool am Fährhafen, wo die Fähren zu den äusseren Hybriden abfahren, essen wir Haddock und Chicken Haggis. Ein Lagerfeuer am Strand bei untergehender Sonne beschließt den Tag.
Heute Abend wollen wir in Applecross ankommen. So kurven wir entlang der Küste auf die kleine Coastline Strecke Richtung Applecross, die ein guter Tip eines schottischen Motorradfahrers ist. Landschaftlich ein Leckerschmecker nach dem anderen.
Die Campsite liegt oberhalb vom Pub. Beim Zeltaufbau oh Schreck, bricht eine Alustange. Ich ziehe eine Reparaturhülse über den Bruch und das Zelt steht wieder stabil. Umziehen und runter zum Pub, das gewöhnt man sich hier in Schottland schnell an.
Auf nach Skye! Aber erst fahren wir über den legendären Beinn Bhan Pass, ein „Muss“ für Schottlandfahrer. Man hat einen faszinierender Blick über die Landschaft von der wahnsinnig engen Strasse. Die Strasse nach Plocton schlängelt sich vorbei an duftenden Blumenwiesen. Der Magen knurrt, und an der hübschen alten Häuserfront zum Wasser, finden wir das Restaurant Plockton Shores. Das Essen ist ein Feuerwerk für den Gaumen. Es gibt Fish Pie und Medaillons mit Black Pudding. Ein unbedingter Tipp für Reisende.
Ein Stopp am Eilean Donan Castle bevor wir nach Skye kommen.
Auf dem Campingplatz in Dunvegan weisen uns Briten auf einen Traumpitch hin, direkt am Wasser.
Nach diesem Tag tut es gut, die Füsse noch etwas zu vertreten. Wir entdecken eine kleine Bar, von aussen recht unscheinbar und die letzte Möglichkeit an ein Bierchen zu kommen. Beim Ale ertönen plötzlich Pipe Töne und dazu eine Gitarre. Eine Musiksession beginnt. Wir erfahren, dass der Pipespieler Peter Morrison von den Peatbog Faeries (Bekannte schottische Folkrock Band) und sein Bruder sind.
Morgens geniessen wir draußen die Aussicht auf den Tafelberg MacLeod Table.
So schlendern wir durch den Ort und entdecken die Oldest Bakery of Skye. Leute was für Quarkbrötchen! Dunvegan ist klein mit netter Atmosphäre.
Am Abend beschliessen wir doch noch die Mopetten zu starten und fahren auf die Halbinsel Duirinish. Zuerst schauen wir uns eine alte verlassene Siedlung bei Borreraid an, aus der die Menschen seinerzeit wegen der Schafszucht vertrieben wurden. Auf den super engen Straßen liegt überall Schotter, da ist volle Konzentration gefordert. Die Abendsonne lacht, wir freuen uns auf den Besuch vom Leuchtturm Neist-Point.
Am nächsten Tag erkunden wir die Halbinsel Trotternish, das Museumsdorf bei Uig. Wir erhaschen einen Blick auf Dustulm Castle, das auf einer vorgelagerten Landzunge steht. Fahren über eine Singletrackroad zum Quiraing Viewpoint und weiter hinunter zu dem Wasserfall Mealt Fall am Kilt Rock. Dieser liegt wirklich schön unterhalb des mystischen Felsen Old Man of Store, auf den ich mich am meisten gefreut habe.
Portree lädt zu einem Besuch ein mit seiner kleinen hübsche bunten Häuserzeile direkt am Hafen.
Aufbruchsstimmung, doch das schlechte Wetter will uns nicht loslassen. Es ist, als würden wir bald samt Zelt davon fliegen oder schwimmen. Der Regen steht quer in der Luft. Irgendwann ist Schluss mit Lustig, wir brechen auf und verlassen Skye. Am Glen Cluannie stoppen wir mit Blick auf den Loch. Überall haben Besucher kleine flache Steine zu Türmen aufgebaut. Irgendwann hört der Regen auf – endlich.
Eine tolle Motorradstrecke ist der Weg nach Kinlochleven entlang des gleichnamigen Lochs. Kurvenrausch pur, die Strecke ist nichts für Leute mit einem empfindlichen Magen. In Kinlochleven finden wir einen Platz am See und mieten uns eine Hütte. Es herrscht reges Treiben, denn der West-Highland Track führt hier vorbei.
Unsere Fahrt nach Oban ist wunderschön, alleine die kleine Straße am Loch Kinnloch hat schon etwas besonderes. Wir kommen an die Coastline, rechts von uns der Loch Linnhe. In Connel queren wir die Brücke nach Oban. Durch den Tidenhub wird in der Enge unter uns ein gewaltiger Wasserstrudel erzeugt. Stau in Oban, und die Sonne lacht. Mit Glück ergattern wir zwei Motorradparkflächen.
Wir erklimmen die vielen Treppen auf den McGregors Tower, von dem man eine traumhafte Aussicht über die ganze Stadt hat.
Über eine kleine Singletrackroad oberhalb von Oban finden wir hügelige Landschaft, viele Schafe und Galloway Rinder am Straßenrand. Der River Orchy ist von einer faszinierende Natur eingerahmt. Vorbei am Glencoe sehen wir ein atemberaubendes Tal mit gewaltigen Bergen, wie in einem Highländer Film. Das Abendlicht sorgt für ganz viel Stimmung. Am Abend sehen wir die Sonne im leichten Rot über dem Loch Leven untergehen.
Oben zum Disktrikt Loch Lomond fängt es wieder an zu regnen. Erstes Ziel ist Inverary, eine Stadt die am Reissbrett vor 3 Jahrhunderten entstanden ist. Wir kommen durch ein altes Tor zum Hafen, vorbei an weißen Häuser mit schwarzen Fensterrahmen. Was für eine Straße, die uns nach Helensburgh führt. Plötzlich fängt es an zu klappern. Kurz vor Glasgow setzt heftiger Regen ein. Beim Tankstopp entdecke ich, dass ein Schwingmetall von der Halteplatte des Ölwannenschutzes abgeschert ist. Ein alter Zurrgurt muss für den Rest der Reise herhalten.
Südlich von Glasgow finde ich im Navi Wanlockhead, den höchstgelegensten Ort Schottlands in den Lowther Hills, ein Hostel. Der Regen wird immer stärker. Egal, es sind noch 80 km, man sieht keine 50 Meter weit. Durchfahren die alte Bergwerkstadt Leadhill, überall Totenstille. Endlich kommt in der Dämmerung Wanlockhead. Nebenan ist ein Pub, das „The Wanlockhead Inn“. Hinein und fragen. Shit, das Hostel hat vor 4 Jahren geschlossen. Der Wirt hat Mitleid und bietet uns seine Holzhütte an. Ganz einfach, egal wir nehmen sie.
Ein Start am Morgen durch die schönen Highlands nach Newton Stewart, eine kleine Stadt am Fluss Cree.
Beim Lunch kommen wir mit älteren Schotten ins Gespräch. Ihr schwarzer Humor bringt uns zum Lachen.
Über kleine Seitenstraßen kommen wir nach Kircudbright. Die Stadt hat Flair, ein kleiner Hafen, ein altes Castle mitten in der Stadt und viele bunte, sehr gepflegte Häuschen. Vom Campingplatz bietet sich ein toller Blick über die Dächer der Stadt und das weit entfernte Meer. Plötzlich ertönt Dudelsackmusik. Auf einem kleinen Platz übt eine Gruppe Musikanten mit Trommeln und Dudelsäcken.
Auf dem Weg nach Dumfries stoppen wir an einer alten Abbey. Wir bummeln und beschließen noch nach Nordengland zufahren. Schweren Herzens verlassen wir Schottland.
Bei Haltwisthle besuchen wir den alten Wall und finden in der Nähe einen Farmcampingplatz.
Frühstück mit scrambled eggs und bacon im eigens vom Farmcamping eingerichteten Breakfast Room, dazu Kaffee satt. Die letzten Kilometer nach Newcastle, beim Einkaufen des Reiseproviants setzt heftiger Regen ein. An der Fähre sind Massen von Motorrädern. Die TT auf der Isle of Man ist an diesen Wochenende zu Ende gegangen.
Wir sitzen in unserer Kabine, draußen rauschen die Wellen, und wir spüren, dass der Urlaub zu Ende geht.