Abwegige Ardeche

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  • Fotos: Carsten Scheibe und Kai Sypniewski
  • Text: Carsten Scheibe

Ausgabe Enduro 09 / 18

Das Beitragsbild ist wohlweisslich Spiegelverkehrt gesetzt worden.

Die Bilder in der Slideshow sind in einer Darstellung auf 1024×1024 Pixel runter konvertiert

 

Text:

Abwegig Ardeche

Die Gegend um die Ardeche kannte ich schon sehr gut, aber dieses Mal folge ich zusammen mit Kai einer Einladung von Jochen zum Endurowandern an die Ardeche. Schon auf der langen Anreise nach Joyeuse im Department Ardeche bricht förmlich Urlaubsstimmung auf. Anfang Mai, im Norden Deutschland ist noch nichts von Wärme zu spüren folgen wir dem Ruf des Abenteuers um neue Gefilde kennenlernen zu dürfen. Kurz hinter Lyon verlassen wir mit dem alten gemütlichen T4 die Autobahn und queren die Rhone. Draußen ist es schon dunkel und wir schlängeln und durch die Nebentäler des Ardeche Departments. Die Fenster sind auf und wir riechen diese Gegend förmlich. Beide sind wir ganz gespannt, was uns in den nächsten 3 Tagen erwarten wird. In der Unterkunft in Joyeuse treffen wir auf unseren Gastgeber Jochen, bei einem Pasti’s erzählen wir von unserer Anreise. Die Wetterprognose sieht nicht rosig aus, aber der Reiz des Endurowandern’s steckt uns im Blut und die Vorfreude ist groß. Am Morgen sitzen wir gemütlich beim typischen französischen Frühstück mit Café au Lait und Croissants und stärken uns für den Tag. An diesen Tag begleitet mich eine nagelneue Kawasaki KLX250. Ich bin schon ganz gespannt, auf was ich mich da eingelassen habe. Das Endurowandern ist nicht ganz mein Terrain, aber Jochen hat uns versprochen, uns diese wundervolle Gegend einfach näher zu bringen.

Schon surren die Stollenreifen und wir fahren langsam und gemütlich durch die Altstadt von Joyeuse, hier ein paar Treppen runter und dort wieder rauf, die kleine Grüne steckt alles geschmeidig weg. Ehe wir uns zu Dritt versehen, stehen wir auf dem kleinen historischen Marktplatz und geniessen diese Atmosphäre am frühen Morgen, das zu einer Zeit, wo das Leben in der Kleinstadt erwacht. Ein tolles Gefühl, der erste Urlaubstag wieder auf 2 Rädern und dann gleich durch alte historische Stadtmauern. So schauen wir rechts und links und werden von den Anwohnern freundlichst begrüßt.  Nächstes Ziel ist eine kleine Brücke am Stadtrand, die über einen Fluss führt. Wir zirkeln dort rüber, doch dann endet sie mit einem Abbruch kurz vor dem Ufer, alles ist provisorisch mit Steinen abgestützt, irgendwie kommen wir dort runter. Passanten sind neugierig und beobachten unsere Aktion. Sicher am anderen Ufer angekommen schwingen wir uns auf die kleinen Maschinen und fahren entlang des Ufers und der Weinfelder. Der Duft ist einmalig, es ist noch vom nächtlichen Regen feucht, die Wege haben guten Grip und überall duftet es nach Frühling. Jochen lebt teilweise hier und kennt sich 100 Prozentig aus, er kennt fast jeden Stein mit Vornamen und so gelangen wir zu unserer ersten tieferen Bachdurchfahrt. Etwas mulmig ist mir schon, Jochen gibt uns kurze Anweisungen und schon spritzt das Wasser mit mächtigen Fontänen nach rechts und links des schmalen 21 Zoll Vorderrades. Was für ein Spaß, das ist Offroad pur. Langsam genussvoll gleitet man durch die Weinberge und schlängelt sich die schmalen Pisten hoch. Schließlich kommen wir noch einmal an den Fluss La Baume herunter, gezielt wollen wir die Wasserdurchfahrt proben, das über eine breitere Passage. Zusammen zweifeln wir ein bisschen, doch nehmen wir uns zusammen und brechen auf, das Wasser kann noch nicht so tief sein und schon spritzen rechts und links wieder die Wasserfontänen durch die Gegend und wir durchqueren an einer flachen Furt die La Baume. Die Zeit vergeht schnell bei diesem Genuss, doch bevor wir eine Mittagspause in unserer Unterkunft wahrnehmen, geniessen wir noch den Aussichstpunkt über Joyeuse nähe Chapias. Bei einem Snack gesellt sich Peter aus den Niederlanden dazu und schon brechen wir zu viert auf. Die Gegend um Joyeuse wirkt sehr Abenteuerlich, die Stollen unter uns surren wieder. Der Ginster wirkt berauschend auf uns in seinem Gelb, wie er rechts und links neben uns die Pfade schmückt.

Oberhalb von Joyeuse nehmen wir noch mal den Ausblick auf die Serpentinen und und die Stadt war, in der wir uns eben noch befunden haben. Jochen führt uns geschickt durch die wunderschönen Landschaft, immer wieder dieses Gefühl durch fremde Landschaften zu fahren, die einem aber doch sehr ins Gefühl gehen. Zwischen Gariel und Les Martins verschwinden wir zu viert in einer Art grünen Hölle, ein niedriger Wald durch den ein Trail führt, wir müssen schon ganz schön aufpassen und es wird dort sehr technisch, hier und dort Felsen, über die wir unsere Enduro’s einfach hüpfen und gleiten lassen. Die Steine meistern sie ohne zu murren. Als Fahrer gilt es hier das absolute Gleichgewicht zu halten. Es bringt auch hier Spaß einige Bilder hier zu machen. Links und Rechts des Weges tauchen niedrige Mauern auf, da passt man schon richtig auf, um im Speed nicht mal in ihre Nähe kommen, das könnte fatale Folgen für Mensch und Maschine haben.

Die Stollen der Enduro’s krallen sich in den lockeren felsigen Boden und bringen uns an den Fluss Le Chassezac, ein ruhig fliessender Fluss, der sich seinen Weg in den Jahrtausenden durch den Fels gegraben hat. Sehenswert ist hier auch die Strecke zwischen Prévenchères und Pied-de-Borne, wo der Fluss eine sehenswerte Schlucht ausgebildet hat. Diese ruhigen Momente direkt unten am Wasser geniessen wir, können aber auch irgendwie die Füsse nicht stillhalten und lassen die Maschinen durch das seichte Wasser gleiten. Die Strecke läuft entlang des Flusses, hier gelangen wir an eine alte Kiesgrube, ein paar tolle Hindernisse finden sich hier, die wir durchfahren können. Unsere kleine Gruppe hat mächtig Spaß. Der Tag neigt sich dem Ende und wir fahren durch die Weinreben und nehmen immer wieder den Duft dieser faszinierenden Landschaften auf. In Barrias-et-Casteljau sehen wir gerade noch, wie die letzten historischen Fahrzeuge eines ansässigen Oldtimer-Clubs. So gesellen wir uns einfach dazu und werden herzlichst aufgenommen. Die Verständigung klappt richtig gut, irgendwie mit Händen und Füßen. Dann steigt ein Mann in sein altes blauen Gefährt. Er läßt den Motor warm laufen, verzieht sich aber auf den Beifahrersitz, die 2 Kinder huschen nach hinten und dann kommt Mamy. Sie hat alles im Griff, es hat schon seinen Grund warum Papy nicht fährt, angeschäkert lacht er mich an und Mamy bewegt das Auto unter Protest des alten Motors davon. Man könnte denken er hätte Kängeruh Benzin getankt. Aber wir müssen weiter Alle durch Barrias-et-Casteljau und die Strasse führt uns über eine Hochebene zurück nach Joyeuse, hier kann die kleine giftig grüne Kawasaki KLX 250 noch einmal zeigen was sie auf der Strasse kann. Mit lächelnden Gesichtern und breitem Grinsen kommen wir in Joyeuse an und geniessen das kühle Empfangsbier durch den Wirt, der Staub wird runter gespült und irgendwie haben alle das Gefühl, das wir immer noch fahren. Das kühle Nass spült die Staub runter und die Augen leuchten immer noch.

Am Abend gesellt sich Jogi aus Hamburg dazu, der mit seiner AJP 240ccm Spaß haben möchte und das kleine zarte Gefährt mit uns am nächsten Tag testen möchte. Der Abend verlief voller kulinarischer Genüsse. Ich weiß schon, warum mich Frankreich immer wieder magisch anzieht. Ein perfekte Symbiose aus Leidenschaften aller Art – Motorradfahren – Enduro  – Lebensweise – Kultur – Essen und Weine

Der nächste Tag empfängt und mit milden Wetter, noch können wir das nicht so deuten, ein anständiges Frühstück mit Schinken und Käse aus dem direkten Umland lassen den Tag frohlocken. Schnell sind wir in den Sachen und die Eintöpfe brummeln unter uns. Kurz Tanken, jetzt wieder den kleinen Strassen- Pass rauf nach Les Gras de Perret, doch zuvor kurz in eine Hochebene, die richtig Spaß bringt zu fahren, schön übersichtlich gleiten wir über die steinigen Pisten, der Tag wird sehr warm werden und immer wieder finden wir den Ginster rechts und links von den Pisten, direktes Fahrvergnügen finden wir dann im Gelände wo wir uns zwischen den Ginsterbüschen den Weg suchen müssen. Die Auge kontrollierten vor dem Motorrad genau, denn keiner möchte mal eben schnell eine Kollision mit einem Felsbrocken haben. Alle geniessen diesen Ausflug. Plötzlich stoppt Jochen, da sehen wir einen der historischen Auto’s von gestern. Ein Renault von 1950 fröhnt sich im leuchtenden Bonbonblau und wartet förmlichst uns gezeigt und präsentiert zu werden. Der stolze Besitzer kommt auch prompt runter und wir dürfen alles näher betrachten. Man sieht ihm förmlich seinen Stolz an wir sind wie kleine Jungs die unbedingt ihr Spielzeug erklärt haben möchten. Schon sitzen wir wieder auf unseren Stoppelhopsern und lassen die Stollen sich in den Boden krallen. Heute bin ich mit der Kawasaki schon eins geworden. Es entstand eine große Zuneigung zwischen uns und ich kann sie endlich bändigen, dafür belohnt sie mich mit höllischen Fahrvergnügen. Sie springt und hüpft nur unter mir so hin und her und so entsteht eine wahres Vergnügen. Der 5 jährige in mir lässt die Sau raus und der Erfahrene dämpft sie ein, ein gesundes Mittelmaß entsteht bei höchster Fahrlaune. Heute ist die Strecke sehr Felsenlastig vom Untergrund und wir haben mächtig Spaß auf den Pisten. Unter einem Viadukt finden wir einen schönen Enduro- Spielplatz direkt an dem Fluss Le Chassezac, wunderschöne Geröllpisten direkt am Wasser, alte Ausspülungen in den Felswänden erzählen von der Geschichte diese Flusses. Auf der Weiterfahrt stoppen wir noch einmal in  Barrias-et-Casteljau im Cafe de Art und geniessen die Mittagspause bei einem Snack und kühlen Getränken. Unsere Enduro’s sorgen für Aufmerksamkeit und wir sehen nur freundliche Gesichter um uns herum. Die Wasservorräte werden ergänzt und schon rollen wir wieder in die Pampa, vorbei an einem alten französischen Herrenhaus, welches zum Übersommern einlädt gleiten wir wieder durch kleine Pfade zwischen den Weinreben hindurch. So gelangen wir in ein kleines Flussbett, das fast ausgetrocknet schien. Jetzt wird es technisch! Fein zirkulieren wir die Maschinen durch die engen und sehr glitschigen Felspassagen, die HPN von Horst fängt an zu mucken, irgendwie hat sie Wasser gezogen und wir müssen sie bergen und das bei dieser Hitze. Am Schluss ziehen wir sie an einem Seil heraus. Tolle Panoramen die wir finden, alleine die Wege zwischen den Weinfeldern haben etwas besonderes, der Gedanke, diese kostbare Getränk am Abend wieder geniessen zu dürfen.

Am Abend sitzen wir mit abenteuerlichen Geschichten zusammen und lassen den Tag noch länger werden.

Leider ist der letzte Tag angebrochen. Alle sind früh hoch und kommen auch rechtzeitig los um noch in den Genuss zu kommen. Die morgendliche Luft hat was hypnotisierendes, der Duft von Grün, Kräutern und die dadurch angereicherte Luft betäubt fast die Sinne. Der kleine Ort Ribes wirkt verträumt oberhalb der Weinfelder wie im Märchen. Unweit davon liegt Le Gelly, wir steigen weiter bergauf und kommen an einem kleinen Weiler mit einem Häuserensemble die direkt am Berg kleben. Da wird man neidisch; die Leute; die hier leben haben einen traumhaften Ausblick. Ich setze mich auf die Mauer einer Tränke, selbst Golffischchen spielen im Wasser hier, alles wie im Märchen, lehne mich mit dem Rücken an die Wand und geniesse einfach nur diesen Ausblick auf das Flusstal der La Baume. Einige Wolkenschwaden hängen noch in der Gebirgswand und verdunsten allmählich im Tageslicht. Doch uns treibt es weiter in einen Kastanienwald, hier sind noch alte Häuser zu bewundern, in den die Kastanien früher getrocknet worden sind, nähere Informationen erhält man im Musée de la châtaigneraie in Ribes. Oberhalb des Dorfes Le Serre wieder ein faszinierender Ausblick über ein Tal. Urlaub in Frankreich an der Ardeche, was wollen wir mehr? Der Geist und die Sinne finden Ruhe. Die Geschwindigkeit die Jochen vorgibt, ist sehr angenehm und keiner hat das Gefühl hinterher zu stehen. Jeder von uns geniesst auf seine Art und Weise diese Land. Immer wieder diese Ausblicke, auf der anderen Seite des kleinen Bergrückens haben wir einen Blick auf Le Blat, dort hat auch schon Michael Schumacher auf einem kleinen Anwesen seine Ferien verbracht und diese Landschaft genossen. Langsam müssen wir uns von diesen Landschaft verabschieden und besuchen am Fluss Drobie noch eine alte Römerbrücke, die wir überqueren. Was für ein Gefühl mit einer grünen Kawasaki auf dieser historischen Brücke zu sein, wo doch vor fast 2000 Jahren hier noch die Römer mit alten Wagen, die durch Ochsen und Pferde gezogen sind diese querten.